|
Die Gründungsmitglieder der WATL
Karl Bartmann
18. 6. 1920 – 25. 4. 2008
Geboren in Hamm/Westfalen, aufgewachsen in Berlin, absolvierte Karl Bartmann von 1940 bis 1944 sein Medizinstudium in Leipzig, Rostock und Marburg und promovierte mit dem außergewöhnlichen Thema „Der Konstitutionstypus der Geliebtenmörder“. Ab 1945 arbeitete er in Berlin als wissenschaftlicher Assistent in der II. Medizinischen Klinik der Charité (1945-49), als Stipendiat am Pharmakologischen Institut der Freien Universität (1949-52) und als Assistent am Robert-Koch-Institut (1953-55). Von 1955 bis 1967 war Bartmann Chefarzt und Leiter des Zentrallabors der Städtischen Lungenklinik Heckeshorn. 1967 wechselte er in der Nachfolge von Gerhard Domagk und A. M. Walter in den Vorstand des Instituts für medizinische Mikrobiologie der Bayer AG in Wuppertal. 1973 war er Mitbegründer und Chefarzt der Laboratorien Aprath, die bald weit über die Region hinaus einen exzellenten Ruf erwarben, nicht nur bei Pneumologen.
Bartmann habilitierte sich 1962 an der Freien Universität Berlin für Medizinische Mikrobiologie und wurde 1967 zum apl. Professor ernannt. Von 1980 bis 1984 hatte er einen Lehrauftrag für Labormedizin an der Universität Düsseldorf inne.
Bartmanns Publikationsverzeichnis umfasst über 270 wissenschaftliche Arbeiten, darunter Fachbücher, Lehrbuchartikel und Monografien. Er war korrespondierendes Mitglied mehrerer medizinischer Gesellschaften, Gründungsmitglied der Paul-Ehrlich Gesellschaft für Chemotherapie 1967 und jahrelang Beiratsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Tuberkulose und Lungenkrankheiten (DGTL). Angesichts seiner wissenschaftlichen Leistungen erhielt er zahlreiche Ehrungen, u.a. 1966 den Robert-Koch-Preis.
Während seiner Tätigkeit in Heckeshorn wurde Karl Bartmann mit den Problemen bei Therapiestudien zur Tuberkulose in der Bundesrepublik konfrontiert und wurde auf diesem Wege 1963/64 zum Gründungsmitglied der WATL. Mit großer Sorgfalt und Exaktheit wirkte er mit an der Ausarbeitung der Satzung und der Grundlagen für die WATL-Studien, an denen er auch mehrfach als Co-Autor beteiligt war. Zudem war er einige Jahre lang Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft. Bartmanns Arbeitsweise war geprägt von außergewöhnlicher Akribie und Genauigkeit, gepaart mit Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit, was die Zusammenarbeit mit ihm zu einem großen Gewinn werden ließ.
[Autor: Robert Kropp]
Hans-Jürgen Brandt
7. 10. 1918 – 12. 1. 2003
Hans-Jürgen Brandt studierte Medizin in Berlin und Rostock und war nach dem Staatsexamen 1944 als Assistenzarzt an der Westfront und bis 1946 als Lagerarzt in amerikanischer Kriegsgefangenschaft eingesetzt. Bis Mitte 1949 war Brandt zunächst unter Gustav von Bergmann als Volontärarzt, dann als wissenschaftlicher Assistent an der II. Medizinischen Klinik der Charité tätig. 1949 wechselte er an die 1947 von Karl Auersbach gegründete Lungenklinik Heckeshorn (damals noch Landestuberkulosekrankenhaus).
1958 wurde er geschäftsführender Oberarzt und ständiger Vertreter des Ärztlichen Direktors und übernahm nach dessen Unfalltod 1963 innerhalb des „Department Systems“, das im Hinblick auf die zunehmende Spezialisierung in der Pneumologie 1964 erstmals in Deutschland eingeführt worden war, als Chefarzt die Diagnostische Abteilung. Dies fiel genau in die Zeit der WATL-Gründung, an der neben Brandt die Heckeshorner Ärzte Karl Bartmann und Ingeborg Schütz beteiligt waren. Sie konnten dann 1964 Karl Ludwig Radenbach als Ärztlichen Direktor und Chefarzt der Inneren Abteilung gewinnen, sozusagen in direktem Zusammenhang mit der WATL-Gründung.
Als Internist, Pneumologe und Anästhesist war Brandt ein universal ausgebildeter Arzt mit breiten Interessen und innovativen Ideen. So baute er z.B. die Endoskopie mit Bronchoskopie und die Thorakoskopie als diagnostische Verfahren aus und entwickelte für beide neue Instrumente. Sehr früh befasste er sich auch mit dem Wert der Zytologie für die Diagnostik der Thoraxkrankheiten und mit der intrabronchialen Radiotherapie mit Kobaltperlen, einem Vorläufer der heutigen Brachytherapie. 1983 führte er als erster weltweit die kombinierte endobronchiale Behandlung mittels Laserkoagulation und Hochdosis-Iridium-192-Bestrahlung durch. Die Lungenfunktionsdiagnostik bereicherte er, indem er das Knippingsche Verfahren der Spiroergometrie mit der regionalen Szintigraphie kombinierte und sie in der präoperativen Beurteilung von Patienten mit Lungenkarzinom anwandte. 1972 erfolgten seine Habilitation und kurz darauf die Ernennung zum apl. Professor an der Freien Universität Berlin. 1976 gehörte er zu den ersten, die in Deutschland eine pneumologische Intensivstation einrichteten.
Brandt engagierte sich stark in der Fort- und Weiterbildung und in der Ethikkommission der Berliner Ärztekammer. 1977 erhielt er die Ernstvon- Bergmann Plakette und 1987 das Bundesverdienstkreuz, darüber hinaus auch internationale Auszeichnungen wie die „Honorary Lecture“ beim Weltkongress der Bronchologie (1994) sowie den „Congress Chairman Award“ der European Respiratory Society (1997).
[Autor: Robert Loddenkemper]
Gehrhard Forschbach
11. 9. 1913 - 17. 9. 2004
Aufgewachsen in Breslau als Sohn des Internisten Prof. Joseph Forschbach absolvierte Gerhard Forschbach sein Medizinstudium an den Universitäten Breslau, München und Kiel, das er 1938 mit Staatsexamen und Promotion abschloss. Für seine 1936 publizierte Auseinandersetzung mit der Pathobiografie des französischen Symbolisten Paul Verlaine hatte er bereits als Medizinstudent den Wissenschaftspreis der Medizinischen Fakultät der Universität Breslau erhalten.
Nach dem 2. Weltkrieg und russischer Gefangenschaft nahm Forschbach 1949 seine Ausbildung zum Lungenfacharzt bei Klaus Hoffmann im Krankenhaus Wintermoor, dem Tuberkulosekrankenhaus der Hansestadt Hamburg, auf. 1959 folgte die Berufung zum Chefarzt der Heilstätte Überruh in Isny im Allgäu. 1972 übernahm Forschbach die ärztliche Leitung der Fachklinik Wilhelmsheim nordöstlich von Stuttgart und schied 1979 aus dem aktiven Dienst im Krankenhaus aus. 1977 gestaltete er in seiner Funktion als Präsident die 3. Wissenschaftliche Tagung der Süddeutschen Gesellschaft für Pneumologie und Tuberkulose in Heilbronn.
Gerhard Forschbach beschäftigte sich nicht allein mit der klinischen Forschung der Tuberkulose und mit der Umsetzung von sich stürmisch entwickelnden Diagnose- und Therapieschritten in die tägliche Praxis. Er erkannte auch frühzeitig die Aufgaben und die Verantwortung des Arztes und der Gesellschaft im sozialen Umfeld des Tuberkulosekranken und formulierte Forderungen nach rasch zu beginnender beruflicher und außerberuflicher Rehabilitation. Sein umfangreiches Publikationsverzeichnis dokumentiert seine Fachkenntnis auf vielen Gebieten der Pneumologie und sämtliche Hand- und Lehrbücher der Tuberkulose in der damaligen Zeit tragen seine unverkennbare Handschrift.
Gerhard Forschbach war Ehrenmitglied der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie (DGP), der Norddeutschen und Süddeutschen Gesellschaft für Pneumologie und Tuberkulose, der WATL und Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande.
[Autor: Harald Moor]
Erich Picht
1915 - 2000
Erich Picht absolvierte sein Medizinstudium in Berlin und lernte bereits 24-jährig als Tuberkulosepatient seine spätere Wirkungsstätte, die Lungenheilanstalt Agra, kennen. 1939 hielt er sich für zehn Monate an der berühmten Schweizer Heilanstalt in der Nähe von Lugano auf, die 1914 von der Stiftung Deutsche Heilstätte eröffnet worden war. Das unter deutscher Leitung stehende Agra geriet 1945 als eine nationalsozialistisch geprägte Einrichtung unter die Aufsicht der Alliierten und konnte an seine frühere Bedeutung nicht mehr anknüpfen, zumal rückläufige Tuberkulosezahlen eine Neuorientierung erforderlich machten.
Bild: Die Ruine der Lungenheilanstalt Agra, Aufnahme 2009
1957 trat Erich Picht, ein ausgewiesener Tuberkulose-Spezialist, die Stelle als Chefarzt und Ärztlicher Direktor in Agra an, die er bis zur Schließung des Hauses innehatte. Bei seiner Übernahme konstatierte er mangelhafte Zustände, Nachlässigkeiten im Verhalten des ärztlichen Personals sowie eine allgemeine Unzufriedenheit unter den Patienten. Picht bemühte sich, die Klinik in eine Asthma- und Allergieklinik umzuwandeln, was ihm aber unter diesen erschwerten Bedingungen und aufgrund fehlender klimatischer Voraussetzungen nicht gelang. 1965 wurde das Sanatorium in Agra aufgrund unzureichender Einweisungen zunächst nur für deutsche, ab 1968 dann auch für Tessiner Patienten geschlossen.
Es liegt nahe, dass Picht in seiner Agraer Zeit mit Trendelenburg in Kontakt und auf diesem Wege zur WATL kam. Über seine Person und seine beruflichen Stationen vor und auch nach seiner Chefarzttätigkeit in Agra ist nur wenig bekannt. Von 1970 bis 1985 führte er eine eigene Praxis als Facharzt für Innere Medizin und Pneumologie in Lugano und lebte bis zu seinem Tod am 6. Dezember 2000 in dem Nachbarort Suvigliana.
[Autor: Robert Kropp]
Karl Ludwig Radenbach
28. 5. 1918 – 7. 2. 1986
Karl Ludwig Radenbach studierte Medizin in Marburg und Frankfurt am Main. Nach einem Militärdienst als Arzt und einer Tätigkeit in Siegen arbeitete er an den Universitätskliniken Frankfurt am Main und übernahm ab 1952 als Oberarzt die Leitung zweier Tuberkulosestationen. 1955 habilitierte er sich mit dem Thema „Endobronchiale Therapie der Lungentuberkulose“. Zum Zeitpunkt der WATL-Gründung und als Gastgeber der Gründungsversammlung war er Professor an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt. 1964 wechselte auf Drängen der Heckeshorner Gründungsmitglieder als Chefarzt der Inneren Abteilung und Ärztlicher Direktor zur Lungenklinik Heckeshorn in West-Berlin, wo er apl. Professor an der Medizinischen Fakultät der Freien Universität Berlin wurde.
Bei seinen klinischen Untersuchungen griff er auf damals modernste, noch nicht allgemein etablierte Verfahren wie kontrollierte randomisierte und eventuell doppelblinde Studien zurück. Hierbei kooperierte er umfangreich mit anderen Kliniken, vor allem im Kontext der WATL, deren langjähriger stellvertretender Vorsitzender er war. Radenbach war Verfechter einer rational und wissenschaftlich begründeten Medizin. Neben den Studien zur Therapie der Tuberkulose forschte er auch auf damals wenig geläufigen Gebieten wie der Behandlung nichttuberkulöser Mykobakteriosen und der Lungenbeteiligung bei Immunkrankheiten (Lupus erythematodes) und der Histiocytosis X. Bei aller wissenschaftlicher Ausrichtung waren seine Arbeiten „klinisch“ und auf den Nutzen in der Patientenversorgung orientiert. Radenbach hatte einen ausgeprägt integrierenden Charakter und war so auch ein entscheidender Gestalter bei der erfolgreichen Einführung und Umsetzung des „Department-Systems“ in der Lungenklinik Heckeshorn.
Radenbach war Mitglied diverser Fachgesellschaften, u.a. Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Lungenheilkunde und Tuberkulose (DGLT) und Ausrichter des Berliner Kongresses 1980. Er pflegte, soweit es damals möglich war, Kontakte zu Fachkollegen in der DDR und auch im Ausland. Er war Fellow des American College of Chest Physicians und Ehrenmitglied der Internationalen Union gegen die Tuberkulose. Für seine Verdienste in der ärztlichen Fortbildung erhielt er die Ernst-von Bergmann-Plakette der Bundesärztekammer.
[Autor: Robert Loddenkemper]
Ingeborg Schütz
10. 4. 1921 – 8. 5. 2010
Ingeborg Schütz wuchs in Berlin auf und ging zum Studium der Medizin nach Marburg/Lahn. Anschließend begann sie ihre berufliche Tätigkeit Ende des 2. Weltkrieges in einem kleinen Tuberkulosekrankenhaus in Potsdam und wechselte 1946 an das Städtische Krankenhaus Berlin Hohengatow unter Prof. Heinrich Otto Kalk. In beiden Einrichtungen bekam sie Kontakt zu Dr. Karl Auersbach, dem späteren Ärztlichen Direktor der Lungenklinik Heckeshorn, der dort Visiten bei Tuberkulosekranken übernommen hatte. Schütz profitierte von Auersbachs Erfahrungen, vor allem von seinem „Nachhilfeunterricht“ hinsichtlich der Beurteilung von Röntgenbildern. Sowohl in Potsdam als auch in Hohengatow hatte sie auch mit chirurgischen Problemen bei der Lungentuberkulose und mit extrapulmonalen Tuberkuloseformen zu tun und setzte sich intensiv mit den neuen Möglichkeiten und Grenzen der Chemotherapie auseinander.
1949 wurde Schütz Assistenzärztin in Heckeshorn und absolvierte dort ihre Weiterbildung zur Lungenfachärztin. Im Anschluss war sie als Privatassistentin und Oberärztin unter Auersbach tätig. Bald wurde sie in wissenschaftliche Arbeiten einbezogen, trat mehrfach als Tuberkulose-Spezialistin bei Kongressen auf und publizierte in der Fachpresse. 1962 eröffnete sie zusätzlich eine lungenfachärztliche Praxis in Berlin, in der sie halbtags arbeitete und in der sie als erste in Deutschland die ambulant überwachte Chemotherapie der TB durchführte.
Durch ihre hohe fachliche Kompetenz und auch ihre liebenswerte Art wurde sie bald bekannt, sodass ihre (Gründungs-) Mitgliedschaft in der WATL allgemein als großer Gewinn gewertet wurde. Sie stand dort als einzige Frau „ihren Mann“ und übernahm die Aufgabe als Koordinatorin bei den ersten drei Studien. Ihr Rat und ihre Arbeit in der WATL waren hochgegeschätzt. 1975 wechselte Schütz in die Chefarztposition der Lungenrehabilitationsklinik in Bad Sooden-Allendorf und zog sich aus der wissenschaftlichen Tätigkeit zurück. Ihren Lebensabend verbrachte Ingeborg Schütz mit ihrer Schwester in Karlsruhe.
[Autor: Robert Kropp]
Helmut Seidel
27. 9. 1915 – 1. 1. 1992
Helmut Seidel, als Sohn des Oberlehrers Hans Seidel in Teschen/Sudetenland geboren, studierte an der Deutschen Karls-Universität in Prag Medizin. Während der Studienzeit zeigte er bereits sein wissenschaftliches Interesse als Demonstrator im physiologischen Institut der Medizinischen Fakultät, an dem er nach seinem Staatsexamen als Assistent arbeitete und 1940 promovierte.
Der weitere Werdegang war durch eine eigene Tuberkuloseerkrankung geprägt: Seidel wurde 1940 zunächst Assistenzarzt in der Lungenheilstätte Hochzirl in Tirol und übernahm Ende 1943 als leitender Oberarzt in den letzten Kriegsjahren die Klinikleitung. Da er nach dem Krieg als Ausländer in Österreich nicht mehr tätig sein konnte, kehrte er nach Deutschland zurück und übernahm 1946 eine halbe besoldete Stelle als Assistenzarzt auf der Tuberkulosestation der medizinischen Universitätsklinik in Tübingen. 1948 wurde er stellvertretender Oberarzt und erwarb die Anerkennung als Lungenfacharzt. 1951 erhielt er die Leitung der auf der schwäbischen Alb gelegenen Lungenheilstätte Haid. 1953 wechselte er zum Sanatorium Schillerhöhe in Gerlingen, zunächst als Oberarzt, ab 1956 dann als ärztlicher Leiter der Klinik. Parallel dazu versorgte er als ehrenamtlicher stellvertretender Oberarzt die Tuberkuloseabteilung der Medizinischen Universitätsklinik in Tübingen.
In Anerkennung seiner aktiven wissenschaftlichen Tätigkeit mit zahlreichen Publikationen wurde Seidel 1970 Honorarprofessor in Tübingen. Viele Jahre arbeitete er aktiv im Ausschuss für Chemotherapie des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose mit. 1970/71 war er Präsident der Süddeutschen Gesellschaft für Pneumologie und Tuberkulose. 1974 musste er wegen eines akuten Herzinfarkts sein Amt als stellvertretender Vorsitzender und damit als zukünftiger Präsident der Deutschen Gesellschaft für Lungenheilkunde und Tuberkulose (DGLT) abgeben. Bereits im Februar 1981 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz am Bande und 1989 das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen.
Helmut Seidel verstarb am Silvestertag des Jahres 1992 in Leonberg bei Stuttgart, hochangesehen bei Kollegen und Patienten ob seiner Bescheidenheit und Korrektheit.
[Autor: Rainer Dierkesmann]
Friedrich Trendelenburg
26. 8. 1916 – 7. 9. 2004
Friedrich Trendelenburg, der aus einer berühmten Medizinerfamilie stammte, studierte Medizin in Lausanne, Königsberg, München und Berlin, wo er auch seine Weiterbildung absolvierte. Seine eigene Erkrankung an Tuberkulose führte ihn nach Davos in die Nachbarschaft des „Zauberbergs“. Als späterer Chefarzt des Sanatoriums Wolfgang in Davos war er maßgeblich an der Neuausrichtung dieser deutschen Stiftung in eine auch international bekannte Asthmaklinik beteiligt.
Trendelenburg war der Initiator und eigentliche Gründer der WATL, deren erster Vorsitzender er dann auch über viele Jahre war (1964-1972 und 1978-1994). Dieser Zusammenschluss geschah im Vorgriff auf die jetzt so modern gewordenen Netzwerke zur Durchführung multizentrischer Therapiestudien.
1964 wechselte Trendelenburg als leitender Arzt an die pneumologische Abteilung der I. Medizinischen Klinik der Universität des Saarlandes in Homburg, wo er sich auf Grundlage der Daten aus Davos mit dem Thema „Antibakterielle Chemotherapie der Tuberkulose“ habilitierte. 1969 gelang es ihm dort, die Robert-Koch-Klinik in die erste selbstständige universitäre pneumologische Klinik in Deutschland umzuwandeln.
Trendelenburg war ein ausgesprochener „Netzwerker“: 1979 begründete er zusammen mit weiteren Mitstreitern die Deutsche Atemwegsliga und wurde zu deren stellvertretendem Vorsitzenden gewählt. Auch die Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie wurde 1967 von ihm mitbegründet. 1985/86 war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Tuberkulose (DGPT) und richtete deren Kongress 1986 in Saarbrücken aus. Er war der erste, der gleichzeitig das Amt des Präsidenten des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) wahrnahm. Stets war es sein großes Anliegen, die verschiedenen pneumologischen Organisationen unter dem Dach der DGP zusammenzuführen, und es ist sein Verdienst, dass die meisten von ihnen als korporative Mitglieder im DGP-Koordinationsausschuss aufgenommen wurden. Innerhalb des Berufsverbandes der Deutschen Internisten (BDI) war er Sprecher der Teilgebiete der Inneren Medizin und gestaltete maßgeblich den Weiterbildungskatalog mit. Zugleich war er Wegbereiter der Pneumologie von der Phthisiologie in die Innere Medizin.
International war Trendelenburg sowohl an der Gründung der SEPCR als auch der SEP beteiligt, den beiden Vorläufern der European Respiratory Society (ERS). Er war Co-Editor der internationalen Fachzeitschrift Lung, die aus den Beiträgen zur Klinik der Tuberkulose beim Springer-Verlag entstanden war, und später auch Consultant Editor des European Journal of Respiratory Diseases, des Vorgängers des heutigen European Respiratory Journal.
[Autor: Robert Loddenkemper]
Karl Unholtz
24. 2. 1912 – 14. 7. 1975
Karl Unholtz war – wie zahlreiche andere Tuberkuloseärzte – selbst an einer Tuberkulose erkrankt und nahm dies zum Anlass, sein Leben in den Dienst der Tuberkulosebekämpfung zu stellen. Unter dem Tuberkulose-Spezialisten Walter Schmidt, der auch international einen großen Ruf auf dem Gebiet der Kollapstherapie der Lungentuberkulose besaß, promovierte er 1938 zu dem Thema „Die Hämoptöe im Röntgenbild“ an der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg. Anschließend arbeitete er als Oberarzt am Tuberkulose- Krankenhaus in Heidelberg-Rohrbach, bevor er 1952 Chefarzt und Ärztlicher Direktor der 1950 gegründeten Lungenklinik (damals noch Städtisches Tuberkulose-Krankenhaus) Havelhöhe in Berlin (West) wurde.
Als Schüler von Walter Schmidt hatte Unholtz wesentlichen Anteil an der Einführung der Pneumolyse und weiterer Operationsverfahren in die chirurgische Behandlung der Lungentuberkulose. Aber er war nicht nur chirurgisch ausgerichtet, schon früh beschäftigte er sich mit der Resistenz- Entwicklung gegen die kurz zuvor entwickelten Antituberkulotika (Streptomycin, PAS und Conteben). Seine ersten Veröffentlichungen hierzu stammen bereits aus den Jahren 1951/52. Auch an anderen Gebieten der Lungenkrankheiten wie der chronischen Pneumonie, der Lungenfibrose und dem Spontanpneumothorax war er wissenschaftlich interessiert. Unholtz engagierte sich als Vorsitzender des Arbeitsausschusses für Chemotherapie im Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK) sowie berufspolitisch im Beirat der Bundesärztekammer und im Berufsverband der Lungenfachärzte. 1969/70 war er Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Tuberkulose und Lungenkrankheiten (DGTL), der heutigen DGP, und als solcher Präsident der Deutschen Tuberkulose-Tagung, die 1970 in Berlin stattfand. 1972 wurde er zum Ehrenmitglied dieser Gesellschaft ernannt, 1974 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen. 1972 trat Unholtz – „ungern und widerwillig“, wie im Nachruf seines Schülers C. D. Bloedner zu lesen ist – vorzeitig in den Ruhestand, wozu ihn eine fortschreitende Aortenklappenstenose zwang, verursacht durch eine Sepsis als Folge einer Operationsverletzung.
[Autor: Robert Loddenkemper]
Dietrich Wentz
22. 6. 1919 – 30. 4. 1982
Dietrich Wentz studierte Medizin in Halle/Saale, Bonn und München. Nach dem Staatsexamen 1945 war er als Assistent in Bonn, St. Blasien und Bremen tätig, bevor er als Oberarzt bei Chefarzt Fritz Brecke nach St. Blasien zurückkehrte. 1961 wurde er vom Träger der Klinik Waldhof-Elgershausen, dem Diakonischen Werk, zum Direktor und Ärztlichen Leiter gewählt.
In dieser Funktion kamen seine Fähigkeiten voll zur Wirkung: Wentz war organisatorisch begabt mit einem Blick für das Wesentliche und ein aufmerksamer Beobachter und Zuhörer. Seinem Wesen entsprechend war er stets bestrebt, durch persönliches Engagement und ärztliche Zuwendung dem Übergewicht technischer Medizin entgegenzusteuern.
Schritt für Schritt gelang ihm so die Umwandlung seiner Heilstätte in eine moderne pneumologische Klinik, in die er seine eigenen Vorstellungen einbrachte. Darüber hinaus baute Wentz interdisziplinäre Kooperationen auf, vor allem mit dem pathologischen Institut in Wetzlar und der Universitätsklinik in Gießen, ein zu der Zeit ganz ungewöhnliches Unterfangen. Zahlreiche wissenschaftliche Publikationen machten ihn weithin bekannt.
Dietrich Wentz war viele Jahre Geschäftsführer der Südwestdeutschen Gesellschaft für Tuberkulose und Lungenkrankheiten und Vorsitzender des Verwaltungsausschusses der Röntgenschirmbildstelle der Landesärztekammer Hessen. Er war außerdem aktiv im Weiterbildungsausschuss der Landesärztekammer Hessen. Als Gründungsmitglied der WATL war er jahrelang im Vorstand tätig, kümmerte sich um die Finanzen und war führend beteiligt an der Planung, Vorbereitung und Durchführung verschiedener wissenschaftlicher Studien. Er war Mitautor mehrerer Publikationen über grundsätzliche methodische Probleme multizentrischer Studien.
In seinen letzten Lebensjahren zog eine Herzkrankheit seinen Tätigkeiten immer engere Grenzen, sodass er im Alter von 60 Jahren sein Amt aufgeben musste. Zwei Jahre später erlag er seinem Leiden. Sowohl durch seine fundierten Beiträge als auch seinen bescheidenen, vornehmen Charakter hat er die Arbeit der WATL ganz wesentlich geprägt.
[Autor: Robert Kropp]
|