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Ausblick
Nun möchte der Leser vielleicht noch erfahren, wohin der Weg führen wird. Da gilt natürlich der Satz, dass Vorhersagen immer schwierig sind, besonders wenn sie die Zukunft betreffen. Außerdem mag die Antwort für jedes Mitglied der WATL durchaus unterschiedlich sein und eine im Detail abgestimmte Entwicklungsstrategie gibt es für die WATL bislang nicht. Aber es gibt verbindende Vorstellungen und als (ehemalige und gegenwärtige) Vorsitzende der WATL wollen wir versuchen, unsere Interpretation einer solchen uns verbindenden Vorstellung wiederzugeben.
Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP) ist inzwischen eine größere Gesellschaft in der Gruppe der Fachgesellschaften der Inneren Medizin geworden – auch der Einfluss hat sich vergrößert, wenn auch nicht so, dass überall Zufriedenheit herrschen könnte, aber der eingeschlagene Weg ist erkennbar und notwendig. Mit der Erweiterung der Aufgaben gingen auch strukturelle Veränderungen einher, die letzte einschneidende Veränderung ist die Umwandlung des Geschäftsführers in eine professionelle, vollzeitig und angestellt durchgeführte Tätigkeit. Eine solche strukturelle Aufrüstung ist auch deshalb in vielen Fachgesellschaften als notwendig erachtet worden, weil die Anforderungen an Fachgesellschaften heute vielgestaltig sind und sie sich einmischen müssen in einem Umfeld, in welchem ökonomische Anforderungen in einem Ausmaß zugenommen haben, dass sie beginnen, die Medizin auch inhaltlich zu verändern.
Wir erleben das auch in der Pneumologie. Wer sein Fach nicht als zentral darstellt, wer es versäumt, ständig in allen Ausläufern des Faches aufzupassen, der wird hinnehmen müssen, dass Erlöse sich verschlechtern, Maßnahmen nicht ausreichend gewürdigt, anerkannt und entlohnt werden und dass andere Fachgesellschaften versuchen, lukrative Behandlungsmaßnahmen zu übernehmen und als ihr Territorium auszugeben.
Gerade die Pneumologie, die ein besonders vielseitiges Fachgebiet ist, aber auch gerade deshalb so attraktiv – von der Schlafmedizin bis zur invasiven Bronchologie, von der pneumologischen Onkologie zur nichtinvasiven Beatmung, von der Intensivmedizin bis zur Allergologie, von der pulmonalen Hypertonie bis zur klassischen und wieder aktuellen Tuberkulose – ist risikobehaftet. Mit boomender Forschung auf dem Sektor der COPD und spannenden, neuen Erkenntnissen auf dem Sektor der IPF, neuen Entwicklungen, welche Radiologie und Pneumologie enger verbinden, und Technologien, mit deren Hilfe sich immense Information aus der Atemluft gewinnen lässt – längst nicht nur über die Lunge: Wir müssen in besonderer Weise aufpassen, dass uns diese Vielfalt in der Pneumologie nicht abhanden kommt.
Innerhalb der Pneumologie gibt es daher schon eine Reihe von Organisationen, Arbeitsgruppen und Vereine, die helfen, diese Felder nicht aus den Augen zu verlieren, sie aktuell zu bewerten, sie mit verbindenden Studien weiterzubringen, zu zertifizieren, auszubilden, anzuwerben und dazu beizutragen, das Ganze unter dem Dach der DGP zusammenzuhalten. Jedem fallen Aufgaben zu oder besser gesagt: jeder wächst in ein Spektrum von Aufgaben hinein. Auch wenn sich das noch mit weniger Überschneidung und mehr Effizienz in der Zukunft organisieren ließe, ist es nicht nur redundant, sondern gelegentlich auch durch Kompetition förderlich, variabel, kreativ. Es verschieben sich auch „Keimzellen“ und Schwerpunkte. Man denke an die Bochumer Ära und die Gießener Ära, das deutsche Lungenzentrum etc. Gelegentlich redundant wirkende Strukturen sind auch ein Vorteil in der Anpassung an sich ändernde Voraussetzungen; wir denken an regionale pneumologische Gesellschaften, die in Zeiten nachlassender oder gesetzlich wesentlich mehr regulierter Sponsorentätigkeit an Bedeutung gewinnen könnten.
In der Gruppe der assoziierten Gesellschaften der DGP ist die WATL ein Puzzlestein, der sich zunächst einmal mit besonderem Interesse den nicht alltäglichen Dingen in der Pneumologie widmet. Hier geht es um die Formulierung von Fragen, Problemen und Bedarf. Wo die Information nicht existiert, soll das Zusammentragen von Daten dazu führen, sich ein Bild zu machen, die Situation in Deutschland zu erkennen. Soweit möglich wird das mit Hilfe der in der WATL vertretenen Zentren erfolgen. Hier besteht aber keineswegs Exklusivität, sondern derartige Gruppen werden sich immer an den Erfordernissen und nie an Zugehörigkeiten orientieren. Kollegen, die angesprochen werden und sich engagieren, sind automatisch auch Kandidaten für die WATL-Mitgliedschaft. In gleicher Weise werden die Themen im Hinblick auf die Information und Weiterbildung von Kollegen im Fokus stehen. Das wesentliche Mittel hierzu werden die alle 2 Jahre im Januar geplanten WATL-Kongresse darstellen. Wir würden uns wünschen, dass die WATL die Chance behält und nutzt, einer der „think tanks“ in der deutschen Pneumologie zu sein, gespeist von erfahrenen, neugierigen und auch kritischen Damen – hier muss die WATL nachlegen – und Herren. Ein „think tank“, der an frühere Kreativität und Fortschrittlichkeit anknüpft, aus dem heraus sich spezielle Fragen und Lösungen oder Anleitungen ergeben für KollegInnen und für Patienten in schwierigen Situationen.
[Autoren: Hubert Wirtz, Reiner Bonnet, Ulrich Costabel]
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